Wahlergebnisse und Anregungen, Teil 1

Wer sich die Mühe macht, die Wählerstromanalysen der österreichischen Nationalratswahl genauer anzusehen, der wird mit durchaus kabarett-artigen Erkenntnissen belohnt.

So haben die Sozialdemokratie, als abgewählte Regierungspartei, überdurchschnittlich viele Frauen über 45, PensionistInnen und Menschen mit Universitätsabschluss gewählt.

Die SPÖ eine Pensionisten dominierte Bildungspartei?

Unter allen Rotwählern war die Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung, verbunden mit einer positiven Zukunftssicht, besonders ausgeprägt. Und die Sichtweise, dass Österreich ein gerechtes Land sei, war in den Umfragen 10x so hoch, wie die Unzufriedenheit mit ungerechten Verhältnissen. Angesichts der – auch international – ungewöhnlich hohen Ungleichheit bei Vermögen und Einkommen in Österreich, ein ziemlich überraschendes Ergebnis!

Die gute alte Tante Sozialdemokratie war wohl mehrheitlich der Anker für all Jene, die früher als Konservative  gesehen wurden. Und das passiert einer Partei, die sich selbst immer als „Bewegung“ verstanden hat!

Damit nicht genug. Die Jugend, die vielzitierten Arbeiter, jüngere Männer und Frauen wählen mehrheitlich längst anders.

Diese Entwicklung ist weder neu noch überraschend. Erstaunlich ist aber, mit welcher Hartnäckigkeit diese Entwicklung in der SPÖ ignoriert, klein geredet oder schlicht ausgeblendet wird.

Nur:  worüber sollte man sich da wundern?  Als staatstragende Partei hat sie freudig längst mit ihrer Vergangenheit als „politische Bewegung“ abgeschlossen.

Mehr noch:  sie hat sich selbst als einziger Garant eines funktionierenden Staates gesehen. Der Verlust der Regierungsbeteiligung stellt dieses Selbstverständnis nun auf den Kopf!

Der sozialistische Urahn Karl Marx hat die Sichtweise auf die Wirklichkeit zu seiner Zeit  „vom Kopf auf die Füße“ stellen wollen.

Wäre das nicht auch für heute eine Anregung?