Es war nur eine Randnotiz zu den Koalitionsverhandlungen: “ Die FPÖ nominierte laut ÖVP-Angaben auf Experten-Seite… die Präsidentin des Friedrich August v. Hayek Instituts…Barbara Kolm…“, eine sehr sprachgewandte Gralshüterin des Neoliberalismus.
Irgendwie erstaunlich!
Die FPÖ, die sich in ihrer Oppositionsrolle stets als Verteidiger der Benachteiligten, der wirtschaftlich Unbeachteten, der an den Rand Gedrückten, der arbeitswilligen Arbeitslosen präsentiert hat, nominiert als Expertin eine Person, die möglichst Alles dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen will. Ob das diesen Menschen helfen wird?
Aber Halt, gehen wir einen Schritt zurück. Wofür steht eigentlich der Neoliberalismus.
Die großen Vordenker dieser wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Denkrichtung waren Friedrich August von Hayek und Milton Friedman. Ihr Credo war geprägt von einem grenzenlosen Glauben in das selbstständige Funktionieren von Märkten, einem tiefen Vertrauen, dass jeder Markt seinen Gleichgewichtszustand von selbst findet, einem Freiheitsbegriff, der nur durch den „Zusammenstoß“ mit der Freiheit eines Anderen beschränkt sein darf und damit – logischerweise – jede staatliche Intervention, sofern sie nicht alle gleich betrifft, angewidert ablehnt.
Für Hayek war dabei eine Phase der Wirtschaftsrezession ein Mittel zur Gleichgewichtsfindung einer im Ungleichgewicht befindlichen Ökonomie eines Landes.
Für Friedman hingegen, dem Vertreter des Monetarismus, existierte eine „natürliche“ Arbeitslosenquote, die einfach hinzunehmen war.
Diese neoliberale Denkrichtung, die aufs Engste mit den Politikern Ronald Reagan, Margret Thatcher, Augusto Pinochet in Chile und Boris Jelzin (am Beginn seiner Amtszeit in Russland) verbunden ist, bestimmt seit rund 40 Jahren die politische Landschaft westlich orientierter Staaten.
Sie ist inzwischen eine Art von wirtschaftspolitischer Selbstverständlichkeit geworden und hat dennoch keine der großen Fragen unserer Zeit gelöst.
Wie auch!
Der Neolioberalismus sieht die Märkte als idealen Begegnungsort für den Ausgleich unterschiedlicher Interessen. Funktionierende (perfekte) Märkte sind im Idealfall geprägt von vollkommener Durchlässigkeit der Informationen, freiem Zugang und dem funktionierenden Tauschmittel „Geld“.
Dabei wird eines allzu gerne übersehen: was nicht kapialisierbar ist, was keinen Tauschwert erlangt und damit mittels Geld getauscht werden kann, das findet keinen Zugang zu diesem Ort des Interessensausgleich.
Da der Neoliberalismus die Natur im Sinn von Umwelt stets als unendlich verfügbar und unbeschränkt nutzbar gesehen hat, ist der Klimawandel, als globale Herausforderung unserer Zeit, nicht „kapitalisierbar“, hat keinen Eigentümer (nur Verursacher) und kann daher nicht gehandelt werden. Der Klimawandel, als Folge unseres Wirtschaftens, entzieht sich jedem Marktmechanismus. Er ist irgendwie einfach zu groß, zu fundamental, passt in keinen Markt.
Auch das Ergebnis der Umweltkonferenz von Kyoto, die versucht hat die Umweltbelastungen in Form von „Emissionsrechten“, die zwischen Ländern gehandelt werden können, marktkonform zu machen, hat sich als nicht ausreichend herausgestellt.
Was sich aber in den letzten Jahren stattdessen dramatisch „kapitalisiert“, sind die Folgen des Klimawandels.
Wetterextreme, Katastrophen und zu Schaden gekommenen Menschen kosten viel Geld. Dass diese Folgekosten auf keinem Markt gehandelt, sondern durch die finanziellen Hilfen der Staaten abgemildert werden, hat noch keinen Neoliberalen gestört.
So banal dieses Beispiel sein mag, so fundamental ist die Konsequenz.
Wenn globale Zukunftsfragen im neoliberalen Konzept selbstregulierender Märkte, für alle erkennbar, keinen Platz mehr finden, ist die machtpolitische Wirksamkeit dieser Konzeption in Gefahr.
Es ist daher kein Zufall, wenn im heutigen Vatikan des Neoliberalismus, den Vereinigten Staaten, eine starke politische Strömung beharrlich den Klimawandel wegleugnen will.
Aber so wie einst Galileo Galilei den dogmatischen Vatikankardinälen bewiesen hat, dass sich die Sonne nicht um die Erde dreht, sondern vielmehr die Erde um die Sonne kreist, ist es heute notwendig aufzuzeigen, dass der Neoliberalismus eine ebenso konstruierte Wirklichkeit ist, wie das, was sich damals die Vatikankardinäle so schön zusammen gereimt hatten.